Die Klienten werden mehr, die Mitarbeiter aber weniger. Daher ist der Fachkräftemangel in Südwestfalen für einen Dienstleister wie das Josefsheim Bigge in Olsberg eine besondere Herausforderung. Jetzt steuert das Unternehmen gegen.
„Um dem demografischen Wandel zu begegnen, müssen wir heute schon handeln“, sagt Geschäftsführer Hubert Vornholt.
780 Behinderte betreut das Josefsheim derzeit zum Beispiel in Wohngemeinschaften. Das Unternehmen qualifiziert sie für den Arbeitsmarkt, gibt ihnen Beschäftigung in einer Behindertenwerkstatt und der hauseigenen Brauerei. Mit 675 Mitarbeitern, darunter viele Teilzeit- und Ein-Euro-Kräfte, ist das Josefsheim ein großer Arbeitgeber.
Doch Mitarbeiter zu finden, werde immer schwieriger, berichtet Pressesprecher Mario Polzer. „Wir bekommen immer weniger Bewerbungen.“ Zugleich jedoch wächst das Unternehmen: Weil die medizinische Versorgung besser geworden ist, gibt es mehr Behinderte, die die Dienstleistungen des Hauses in Anspruch nehmen. Früher hat das Unternehmen manchen seiner Zivildienstleistenden so sehr für sich begeistern können, dass er nach der Ausbildung oder dem Studium ins Josefsheim zurückgekehrt ist, erzählt Polzer. Doch nun ist der Pflichtdienst abgeschafft.
Um Nachwuchs zu werben, kooperiert das Unternehmen daher mit der Fachschule in Olsberg: Die Schüler kommen zum Praktikum ins Josefsheim, um es kennenzulernen - und sich vielleicht später dort zu bewerben. Zudem arbeitet das Haus mit der Fakultät für Rehabilitationswissenschaften in Dortmund zusammen, um auch akademischen Nachwuchs zu gewinnen. Ferner denke man darüber nach, ein Stipendium zu schaffen, berichtet Mario Polzer.
Einen Betriebskindergarten hat das Josefsheim am 1. August dieses Jahres eröffnet, um Mütter aus der Elternzeit wieder in den Beruf zu locken. Geöffnet ist die Einrichtung von 6 Uhr morgens bis 18 Uhr abends - mit Rücksicht auf die Mitarbeiter im Schichtdienst.
Zudem setzt das Josefsheim auf „betriebliches Gesundheitsmanagement“: Statt die in anderen Firmen übliche Rückenschule anzubieten, hat das Unternehmen jedoch seine Mitarbeiter nach psychischen Belastungen befragen lassen, also wie zufrieden sie mit der Arbeit sind. Mit dem Ergebnis, dass viele sich flachere Hierarchien und eine bessere Kommunikation wünschen, berichtet Polzer. Daran werde nun gearbeitet.
Doch man sieht den demografischen Wandel im Josefsheim nicht nur als Herausforderung, sondern als große Chance. Für die Menschen und Mitarbeiter mit Behinderung: „Noch haben manche Arbeitgeber möglicherweise Vorbehalte“, so Geschäftsführer Vornholt. „Doch zukünftig werden gut qualifizierte Menschen mit Behinderung bessere Jobperspektiven haben.“