Bigge. Ein Haus kann ein Ort sein, in dem sich zeigt, wie eng Familien- und Freundschaftsbande sind. Es kann ein Ort sein, in dem eine Überraschung wartet, die es in der Region zu einem absoluten Unikat macht.
Ein Haus kann aber auch eine Gefahr in sich bergen, auf die man durch Zufall stößt und froh ist, wenn sie sich als harmlos entpuppt.
Das Haus von Thomas Göddecke und Lioba Rüschenschmidt in Bigge ist eines, das durch seine Restaurierung viel Außergewöhnliches offenbarte.
„Verwohnt“ ist der Begriff, der dem Familienvater zum Zustand einfällt, in dem sich sein um 1835 erbautes Heim vor der Restaurierung befunden habe. Mit Fäulnis am Fachwerk, teils heruntergekommen.
Acht Jahre habe es brachgelegen, obwohl der Vorbesitzer sich eigentlich fest vorgenommen hatte, es zu erhalten, schildert Thomas Göddecke. „Wir haben das Haus nur bekommen, weil wir es restaurieren wollten. Das war dem Vorbesitzer sehr wichtig“, ergänzt Lioba Rüschenschmidt. Und das Paar hatte unmissverständlich deutlich gemacht, dass es dies auch tatsächlich tun wollte. Es bemühte sich schnell nach dem Kauf im Jahre 2005, das neue Eigenheim auf die Denkmalschutz-Liste stellen zu lassen. „Man möchte das Beste aus dem machen, was man hat. Deshalb haben wir uns bewusst für den Denkmalschutz entschieden, damit das, was wir erarbeitet haben, auch später angemessen geschützt wird“, erläutert er.
„Ein bisschen austoben“
Für Thomas Göddecke, dem Zimmermeister und Restaurator, bedeutete der Umbau auch, „sich ein bisschen austoben zu können“. Jede freie Minute wurde dazu verwendet, gemeinsam mit der Verwandtschaft und den besten Freunden dem ursprünglich repräsentativen Bürgerhaus mit seiner schlichten, vornehmen Aufteilung wieder ein schmuckvolles Gesicht zu geben. Fachwerkbalken wurden erneuert, ebenso die Fußböden, Türrahmen, Decken, Fernster und mehr.
"Es wird einfach zum Selbstläufer“, beschreibt der Hausherr den Umfang des Arbeitsaufwands, der aus den geplanten zwei vier Jahre der Restaurierung machte. Wochenenden wurden ganz automatisch für das Haus verplant und schon alleine der Gedanke an Urlaub rückte in weite Ferne. „Ich habe einen Kumpel, der hat sich bei mir abgemeldet, wenn er krank war oder einmal ein Wochenende nicht mithelfen konnte“, schildert Thomas Göddecke den tiefen Zusammenhalt, der erst ein solches Vorhaben umsetzbar gemacht habe. Gemeinsam habe man auch im Keller beim Buddeln durch Müll plötzlich eine alte Granate aus dem Ersten Weltkrieg gefunden. Da habe den „Kampfmittelräumdienst“ zum Entschärfen auf den Plan treten lassen. „Aber sie war nicht scharf, zum Glück“, sagt Göddecke.
Einzigartiger Kamin
Ein Glück sei auch eine Entdeckung gewesen, die das Haus nicht nur emotional für die Familie, sondern auch ganz offiziell zu etwas Besonderem gemacht habe. „Der Kamin ist im Sauerland einzigartig“, erklärt Göddecke und habe sogar einen Küchenforscher aus Münster vorbeischauen lassen. Seine zwei Herdstellen in der ersten und in der zweiten Etage ließen laut Denkmalamt wahrscheinlich darauf schließen, dass mit dem Haus eine neue Bauform Einzug in die Region gehalten habe. „Weg vom Bauernhaus mit Tieren, hin zu einem Städtehaus.“
Den Schritt hin zum Denkmalschutz gegangen zu sein hätten sie übrigens nie bereut, betont Thomas Göddecke. Auch wenn einen bei den vielen Bescheiden, auf die man nun einmal bei Veränderungen warten müsse, die langsam mahlenden Mühlen der Bürokratie zuweilen den Nerv rauben würden. „Es ist eine zweischneidige Geschichte, aber man bekommt dafür ja auch etwas zurück“, findet er. Denkmalschutz sei ja nicht nur bloße Auflagenerfüllung, sie erleichtere im Gegenzug vielmehr auch die Kommunikation mit den vielen übrigen Ämtern, mit denen man bei einem Umbau naturgemäß zu tun habe. Seit 2009 bewohnt die fünfköpfige Familie nun ihr altes neues Haus. „Es ist nicht perfekt, aber das ist ja gerade das Schöne“, findet Lioba Rüschenschmidt. „Halt ein Haus, das eine Geschichte erzählt.“