Arbeitstag in der Olsberger Hütte: Wie aus Stahlschrott filigrane Formen entstehen

Die Digitalanzeige des Warmhalteofens steht auf 1446 Grad. In dem riesigen Behälter befinden sich 41 Tonnen flüssiges Gusseisen. Wenn es aus dem Ofen kommt, strahlt das flüssige Metall mit enormer Intensität - wie Gold, beleuchtet von starken Scheinwerfern. Ein magisches Material. Die Gießerei der Olsberger Hütte - eigentlich heißt die Firma Olsberg Hermann Everken GmH - ist kein Sakralbau. Schon gar nicht für die Fachleute, die hier jeden Tag arbeiten. Aber für einen unbedarften Besucher steckt eine Menge Magie darin, wie aus unscheinbar wirkenden, kalten Rohstoffen flüssiges, strahlendes Eisen wird. Wie es in Formen aus Sand gegossen wird und sich in schwere, robuste, aber trotzdem filigrane Werkstücke verwandelt.

Die Guss-Spezialisten sehen das Schauspiel jeden Tag, kennen jedes Detail, steuern den Vorgang in allen Einzelheiten, aber auch sie scheinen dennoch fasziniert von der Magie zu sein. „Das ist Metallurgie”, sagt Burkhard Drilling begeistert. Er gehört zum Führungsteam der Gießerei und erklärt gerne seine Arbeit. Denn Gusstechnik mutet zwar wie ein Wunder an, ist aber eine eigentlich sehr alte Technik. In seinem Büro zeigt er alte Stiche und Fotos.

Schmelztradition seit 1577

1855 kam die Produktion mit neuen Techniken richtig in Schwung, aber eine Eisenschmelze gab es in Olsberg am Ufer der Gierskopp schon mindestens seit 1577. „Wir sind eines der ältesten Familienunternehmen in Deutschland”, erklärt Drilling. Damals wurde nur ein paar Wochen im Jahr gegossen - heute sind der große Kaltwind-Kupolofen, die Mittelfrequenz-Induktionsofenanlage und der Warmhalteofen durchgängig Tag und Nacht in Betrieb.

Das flüssige Metall erhält je nachdem, was gegossen wird, Zusatzstoffe, um genau definierte Eigenschaften zu haben. Auch die Zusammensetzung der Grundmaterialien - vor allem Stahlschrott, Gussbruch, Roheisen, Silicium und Mangan - ist entscheidend. „Es ist immer ein Abwägen zwischen Zugfestigkeit und Härte”, erklärt Burkhard Drilling. „Deshalb arbeiten wir schon bei der Konstruktion der später zu gießenden Teile mit unseren Kunden eng zusammen, um unser Wissen einzubringen.”

Dann zeigt er Beispiele, was so alles gegossen wird: Gehäuse für Elektromotoren, Getriebe, Pumpen, Verdichter, hoch belastete Teile von Baumaschinen und Lkw - die Anwendungen sind unendlich. „Wir haben uns hier in Olsberg auf Gussteile von 15 Kilogramm bis acht Tonnen spezialisiert”, erklärt Burkhard Drilling. „Das Besondere beim Gießen ist, dass man dünnwandige, komplex geformte Körper herstellen kann, die dennoch hoch belastbar sind.”

Flammen und heiße Luft

Doch das ist nicht so einfach: Zum Beispiel darf die Sandform nicht die exakten Maße des späteren Werkstücke haben, weil der Guss beim Auskühlen schrumpft. Deshalb braucht das Gießen viel Erfahrung und ein komplexes Qualitätsmanagement. Aber das haben Burkhard Drilling und seine Kollegen am Schreibtisch und am Ofen offensichtlich sehr gut im Griff. Und trotz der etwas gespenstischen Atmosphäre mit dem flüssigem Eisen und grell aufblitzendem Magnesium herrscht in der Werkhalle eine unerwartet freundliche Atmosphäre. Niemand schreit herum, alle machen konzentriert ihre Arbeit. Jemand berührt mich am Arm: „Bitte einen Schritt zurücktreten.” Unbemerkt ist ein schwerer Gabelstapler mit rotierendem Warnlicht und einer tonnenschweren Ladung flüssigen Eisens herangefahren.

Dann gießt er seine Last langsam, aber stetig in große Formen. Heiße Luft und Flammen schlagen aus der Form. Auf der anderen Seite der Anlage wird das fertige Gussteil nach kontrollierter Kühlung entnommen: Das Unterteil eines Industrieroboters ist fertig. Am Ofen entnimmt Thomas Wetzlich von jeder Ladung eine Probe zur Qualitätssicherung und Dokumentation. Hasan Karayalcin prüft genau die Temperatur des flüssigen Eisens. „Qualität ist das Wichtigste”, sagt Burkhard Drilling.

 

Arbeiter