Keine Möglichkeit mehr zur Windkraft-Steuerung

Es waren ungewöhnlich harsche Worte, die jetzt in der Sitzung des Ausschusses Planen und Bauen zu hören waren: Von „Akzeptanz der Rechtlosigkeit“ beim Windkraft-Ausbau war da die Rede, ebenso von der „Außer-Kraft-Setzung der bürgerlichen Mitbestimmung“ bis hin zur Frage an den Bundes-Gesetzgeber: „Was haben die sich hier eigentlich erlaubt?“ Was war passiert?

Hintergrund: Die Firma Naturwerk Windenergie GmbH aus Herten hat beim HSK einen Antrag auf Vorbescheid zur Errichtung von sieben jeweils 267 Meter hohen Windenergieanlagen im Bereich von Gevelinghausen und Helmeringhausen gestellt – und damit außerhalb der Flächen, die bisher durch die Regionalplanung als Windkraft-Vorrangzonen vorgesehen sind. Allerdings: Das Verfahren ist nicht-öffentlich – nach den neuen gesetzlichen Vorgaben ist das möglich. Und eine echte Mitsprachemöglichkeit haben Rat und Verwaltung der Stadt Olsberg auch nicht: Da das Vorhaben alle rechtlichen Anforderungen an Bauplanungsrecht, Erschließung und Denkmalrecht erfüllt, muss die Stadt ihr Einvernehmen zu dem Vorbescheid erteilen – einen Ermessensspielraum gibt es nicht. Basis dafür ist vor allem die Privilegierung der Windenergie im bauplanungsrechtlichen Außenbereich. „Das Einvernehmen ist zu erteilen, wenn dem keine öffentlichen Belange entgegenstehen und die Erschließung gesichert ist“, brachte es Hubertus Schulte, Leiter des Fachbereichs Bauen und Stadtentwicklung, auf den Punkt.

Darauf wiesen auch die Mitarbeiter der Firma Naturwerk hin, die das Vorhaben in der Ausschusssitzung vorstellten und öffentlich machten – obwohl sie rein rechtlich dazu nicht verpflichtet gewesen wären. Konkret sollen in dem 280 Hektar großen Areal sieben Windräder mit einer Leistung von jeweils 6,8 Megawatt errichtet werden. Die Standorte befinden sich dabei im Fichtenwald, in Weihnachtsbaumkulturen oder auch auf Borkenkäfer-Flächen, die auf einer Höhe zwischen 404 bis 519 Meter ü.N.N. liegen – hinzu kommt die Anlagenhöhe von 267 Meter.

Alle gesetzlichen Vorgaben zu Lärmschutz und Schattenwurf werden eingehalten, stellte Naturwerk klar – so beträgt die Entfernung zur Wohnbebauung in Bigge 1.335 Meter, in Gevelinghausen 1.275 Meter, in Helmeringhausen 711 Meter und in Andreasberg 724 Meter. Insgesamt soll der geplante Windpark eine Gesamtleistung von 47,6 Megawatt haben – rein statistisch würde das für eine Versorgung von z.B. 25.000 Vier-Personen-Haushalten ausreichen. Auch die Beteiligung der Öffentlichkeit nach Bürgerenergiegesetz werde – selbstverständlich – eingehalten, hieß es von Naturwerk. Denkbar sei zum Beispiel, dass es für die Nachbarkommunen Olsberg und Bestwig jährliche Ausschüttungen in einer erwarteten Höhe von 144.000 bzw. 65.000 Euro gebe. Als Baubeginn für den Windpark strebt Naturwerk den Herbst 2027 an.

Dass man als Kommune keinerlei Steuerungsmöglichkeit mehr habe, sei eine „höchst frustrierende Botschaft“, so CDU-Ratsmitglied Knut Finkel – die aber geltendem Recht entspreche. Knut Finkel sieht eine „völlige Machtlosigkeit der Kommunalverwaltung bei der Energiewende vor Ort“ und gar eine „Demütigung“, da man keine andere Wahl habe, als sein Einvernehmen zu erteilen. Niemand stelle sich gegen die Windkraft, so das CDU-Ratsmitglied – nicht zu akzeptieren sei hingegen, dass hier keine Mitsprache möglich sei. Knut Finkel regte bei den Bürgerinnen und Bürgern an, ihre Fragen und Anregungen zum Thema Windkraft in den nächsten Tagen an die Ratsmitglieder weiterzugeben. In der Ratssitzung am 14. November 2024 könne dann ein Fachanwalt zu diesen Fragen Stellung beziehen.

Auch die derzeitige Arbeit auf Landesebene am Regionalplan, mit dem eigentlich der Windkraft-Ausbau gezielt gesteuert werden sollte, werde so „ad absurdum geführt“, ergänzte Bürgermeister Wolfgang Fischer. Nun müssen auch Windkraft-Vorhaben außerhalb der eigentlich dafür in der Regionalplanung vorgesehenen Bereiche „durchgewunken“ werden. Die Energiewende und ihre Umsetzung seien richtig und wichtig, unterstrich Wolfgang Fischer: „Aber bitte dort, wo das von demokratisch legitimierten Vertretern beschlossen worden ist.“

An dieser Stelle erntete er Widerspruch von SPD-Fraktionschef Helmut Kreutzmann: „Auch die, die in Berlin diese Gesetze gemacht haben, sind demokratisch gewählte Vertreter.“ Zudem sei es falsch, gegenüber der Bürgerschaft den Eindruck zu erwecken, dass man mit ihren Wünschen und Anregungen die Windkraft vor Ort noch gestalten könne: „Aus der Nummer sind wir raus.“ Wichtig sei es nun, mit den Projektierern zu reden, um vernünftige Lösungen zu finden.

Wiederum zum Thema wird die Windkraft in der Sitzung des Stadtrates am Donnerstag, 14. November 2024. Dann wird Fachanwalt Thomas Tyczewski, Rechtsberater der Stadt Olsberg, die aktuellen rechtlichen Rahmenbedingungen beleuchten.